"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Dienstag, 29. März 2016

[Rezension] A Place to Remember ~ Chloe & Hugh (Sarah Saxx)

Sarah Saxx: A Place to Remember ~ Chloe & Hugh 

A Place to Remember ist, wie ich finde, schon einmal ein wunderbarer Titel für eine Buchreihe. Er strahlt etwas Vertrautes, etwas Warmherziges und auch etwas Unvorhersehbares aus. Ideale Voraussetzungen und absolut genug, um mich aufhorchen zu lassen und neugierig zu machen. 

Danke schön, liebe Sarah Saxx, für das mir zum Lesen angebotene und zur Verfügung gestellte E-Book!

Cover: Sarah Saxx


~ Rezension ~

Ein bisschen modernes Märchenflair

Das Antiquitätengeschäft A Place to Remember ist Chloes Lieblingsort im turbulenten London. Hier kann sie ihrer Leidenschaft fürs Durchstöbern und Entdecken längst vergessener Schätzchen nachkommen, ohne schief angesehen zu werden. Denn Besitzer Nate Ward hat Verständnis dafür, dass die junge Studentin meist nur stöbert, ohne wirklich etwas zu kaufen. Als Chloe eines Mittwochs inmitten all der Antiquitäten nun in die Arme eines charismatischen Fremden stolpert, scheint es wie ein Traum. Denn mit nur einem Blick hebt sich ihre Welt aus den Angeln. Es liegt eine beinahe magnetische Anziehung in der Luft, aber schon eine Sekunde später bereut Chloe ihre ihr bis dato vollkommen unbekannte Courage. Dass jedoch mehr hinter dieser magischen Begegnung steckt, kann sie nicht leugnen.

Sarah Saxx steuert mit A Place to Remember ~ Chloe & Hugh ihren eigenen gefühlvollen Teil zu einer neuen Romanreihe voller Herz bei, die sie gemeinsam mit Ihren Kolleginnen Anna Faye, Lea Pearl, Karola Löwenstein und Michelle Schrenk kreiert hat. Jeder Roman kann gut und gern unabhängig voneinander gelesen werden, obwohl dies für die "Seienjunkies" unter den Fans wohl kaum eine Option sein dürfte.

Ohne unnötige Schnörkel macht Sarah Saxx ihren Lesern klar, zwischen Chloe und Hugh gibt es dieses besondere Band, das sie miteinander verbindet. Gleichermaßen unterstreicht ihre gemeinsame Geschichte aber auch, dass die Welten der beiden verschiedener nicht sein könnten. Sie, die zurückhaltende Antiquitätenliebhaberin. Er, der erfolgsverwöhnte Womanizer. Da ist ein knirschendes Spannungsfeld doch vorprogrammiert! Ebenjenes staffiert die Autorin mit einer liebevoll gewählten Mischung aus entstaubten Klischees und verträumter Raffinesse aus.

Mit dem A Place to Remember wird ein origineller, bei weitem nicht alltäglicher Handlungsort in Szene gesetzt, der als Schlüssel zu den Welten beider Protagonisten fungiert. Zwischen geheimnisvoll graviertem Schmuck und alten Holzmöbeln entsteht eine kleine, aber feine Magie. Eine Atmosphäre in einem Setting, die bei mir nicht nur einmal aus irgendeinem Grund eine Gilmore-Girls-Assoziation aufblitzen ließ. Nicht die übelste Querverbindung, wie ich finde. 

Obgleich mir die eine oder andere Entwicklung der Handlung recht unumwunden an Fahrt aufnimmt beziehungsweise sich auch wahrlich flauschig zeigt, spricht dieses einem beim Lesen umarmende Nach-Hause-kommen-Gefühl absolut für sich. Auch das Gesamtkonzept der Buchreihe, welches leichte Crossover aus den anderen Romanen der Serie beinhaltet, ist rundum gewinnend. Dass zudem sowohl abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Hauptfiguren erzählt wird, sorgt für eine zusätzliche Portion Herzschmerz aus erster Hand. Wenn das nicht echten Wert für hoffnungslose Romantiker verheißt? 

Ein Roman, der zum einen relativ komprimiert, zum anderen angenehm verträumt daherkommt. Damit hat er untrüglich den Charakter einer guten Folge unserer Lieblingsserie, deren Fortsetzung mit einem leicht verklärten Lächeln erwartet wird.

FZIT: Romantisch. Kurzweilig. Warm.


Dienstag, 22. März 2016

[Rezension] Make it count: Dreisam (Ally Taylor)

Ally Taylor: Make it count: Dreisam

Wer Ally Taylor (Anne Freytag) kennt, weiß, dass ihr großes Talent darin liegt, die feinsten Initialzündungen für ein exquisites Kopfkino zu verfassen. Dem Leser den Eindruck zu vermitteln, er wäre leibhaftig mit von der Partie, gelingt ihr (auch dieses Mal) spielerisch. Eine Gabe, die ich überaus bewundere! Danke fürs Daran-teilhaben-Lassen! 

Mit Dreisam hat Knaur ein Werk veröffentlicht, das für Herzzerbrechen sorgen wird. Eine Metamorphose, die gelungen ist und wünschenswerter nicht sein könnte, immerhin handelt es sich hier um junges Drama.

Mein Dankeschön gilt dem Verlag für die Zusendung der neu aufgelegten Fassung des Romans!

Cover: Knaur


~ Rezension ~

Dreisam ... und dennoch einsam, weil die Zweisamkeit zu sehr schmerzt.

Als Jake die vermeintlich ertrinkende Julie aus dem Pool zieht, trifft ihn der Blitz. Auch Julie spürt sofort diese Magie, die zwischen ihnen knistert. Es ist Liebe auf den ersten Blick! Doch Julie muss möglichst schnell und energisch genügend Abstand zwischen sich und Jake bringen. Denn dieser Sommer soll schließlich der von ihr und ihrem besten Freund Kyle werden. Er ist derjenige, der Julie besser kennt als jeder andere Mensch. Er ist ihr Fels in der Brandung. Diesen Sommer ist sie ihm schuldig. Alles könnte passen. Doch jetzt scheint dieser Fels sie zu erdrücken. Julie möchte sich offenbaren, hat aber nicht den Mut dazu. Stattdessen schluckt sie ihre Zweifel hinunter. Einzig Jakes Nähe gibt ihr Halt. Bis Julie mit einer schmerzhaften Wahrheit konfrontiert wird, die alles verändert und das Sommeridyll in einen Albtraum verwandelt. 

Ally Taylors Make it count: Dreisam erzählt auf einnehmende Weise die Geschichte einer Hals-über-Kopf-und-bis-über-beide-Ohren-Liebe, die sich viel zu schnell mit einer emotionalen und moralischen Zerreißprobe konfrontiert sieht.

Jake, Julie, Kyle: Das Trio, das im beschaulichen Oceanside sein Herz verlieren soll. Drei Charaktere, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Drei Protagonisten, die — unter den sich aufbäumenden Emotionen  weder ohneeinander noch miteinander können. Eine Konstellation, die polarisiert. Denn Ally Taylor kreiert eine heikle Dreisamkeit, welche die Grenzen zwischen Gewissen und Gefühl, Richtig und Falsch, Freundschaft und Liebe verschwimmen lässt. Sie schickt ihre Hauptfiguren auf eine unberechenbare Suche nach Wahrhaftigkeit und Glück. Eine Herausforderung, bei der Versteckspiel und Offenbarung nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt liegen.

Das Kribbeln im Bauch — Fluch und Segen zugleich. Bereits der Titel des Romans lässt den Leser schlussfolgern, dass die emotionale Strömung in der Bucht von Oceanside für gehörige Turbulenzen sorgen wird. Aber die konkrete Umsetzung, mit der Ally Taylor aufwartet, weiß den Fan junger, brisanter Liebesgeschichten binnen kurzer Momente für sich zu gewinnen. Die Gratwanderung zwischen hüllenloser Hingabe und moralischer Aufrichtigkeit sorgt dafür, dass das Buch zu einem Page-Turner wird. Das Damoklesschwert namens "in flagranti" schwebt haarscharf über allem.

Trotzdem der Fokus der Handlung deutlich auf die gleichsam brisante wie rasante Zuspitzung der Liebesgeschichte(n) liegt und nur sehr wenige weitere Schwerpunkte tangiert, gelingt es der Autorin, einen Tiefgang zu erzeugen. Besonders der Leitgedanke "Ich will doch wollen" nimmt für mich in dieser Hinsicht eine Tragkraft ein, die vielsagend und bedeutungsvoll ist. Außerdem werden Aspekte wie Selbstwahrnehmung und Selbstfindung zu unmittelbaren Säulen der Handlung, die in die Profile der Protagonisten eingearbeitet werden.

Die Bildhaftigkeit und der Detailreichtum, mit denen den einzelnen Szenen und Gedanken an Plastizität gewinnen, stechen als Stärke der Autorin abermals heraus. Äußerst beeindruckend ist es, mit welch scheinbarer Leichtigkeit Ally Taylor mithilfe von Worten Akzente setzt.
Die Sprache und Ausdrucksweise des Romans ist, der vornehmlichen Zielgruppe entsprechend, unverblümt und authentisch ausgestaltet. Insbesondere Jakes herbe, direkt artikulierte Denk- und Ausdrucksweise fallen durch die Wortwahl und den angeschlagenen Ton auf. Passt zweifellos zum Charakter, machte ihn allerdings für mich teilweise weniger umgänglich.

Insgesamt ein Roman, dessen Dynamik und Überraschungsmoment auf Anhieb nicht nur Funken zum Glimmen, sondern Flammen zum Auflodern bringen. Mit Präzision wird die Amplitude zwischen Loyalität und Leidenschaft ausgeschöpft. Ein Buch, dem es gelingt, den Leser zwischen die Seiten zu ziehen und dort festzuhalten.

FZIT: Intensiv. Zwiegespalten. Telegen.


Sonntag, 20. März 2016

[Live-Erlebnis] Helden in neuem Gewand

Es gibt Abende, auf die freuen wir uns in über-überdurchschnittlichem Maße. Genau so erging es mir mit dem Unplugged Konzert, das Revolverheld kürzlich, am vergangenen Donnerstag, in Berlin gab. Seit Jahren bereits wollte ich die Band unbedingt einmal live spielen sehen — und endlich standen die Sterne gut. Das Gesamtpaket Revolverheld in Akustikversion, ein perfekt zugeschnittenes Geschenk für mich. 

*Interlude* 


Doch dann ereilte Frontmann Johannes Strate zum eigentlichen Tourauftakt am 11. März in Emden eine üble Grippe und die ersten vier Konzerte der "Revolverheld — MTV Unplugged in 3 Akten" Tour mussten kurzerhand verschoben werden. Und irgendwie begann natürlich auch für Berlin, ursprünglich Station sechs der Tour, das Zittern... 

Aber getreu dem Motto "Das kann uns keiner nehmen!" war Johannes bis zum 17. März, seinem Geburtstag, wieder bereit, gemeinsam mit Band und Orchesterbegleitung die Bühne, wenn auch anfangs noch mit leicht nasaler Sprechstimme, zu erobern. Doch bevor heldenhaft gerockt werden sollte, begrüßte der Singer-Songwriter Greg Holden das (un)geduldig wartende Publikum. Markante Stimme, tiefsinnige Texte, schlichte Gitarrenbegleitung waren sein Rezept dafür, im Gehörgang zu bleiben.

Die Bands deiner Jugend haben sich längst schon aufgelöst und die anderen machen komischen Elektro  nicht aber Revolverheld  

Wie du und ich bahnte sich Revolverheld, durch einen Seiteneingang hereinspazierend, den Weg durch die Fans auf die Mittelbühne. Hier stand ein beeindruckendes Repertoire an Instrumenten bereit, das zum Glühen gebracht werden wollte. Und das eben in schönster akustischer Version. Was bisher nur dem kleinen Kreis der bei der Aufzeichnung des MTV Unplugged Konzertes anwesenden Zuschauern vergönnt gewesen ist, wird nun also im Rahmen der Tour zum Erlebnis für Tausende Fans. 

Neben Revolverheld gesellten sich zudem einige auf den Tickets als Special Guests angekündigte Künstler auf die Bühnen. Folge? Geniale musikalische Highlights, wie ich finde. Dass nun auch ausgerechnet meine persönlichen Lieblingsduette von besagter MTV-Aufzeichnung dargeboten wurden, war ein zusätzliches Highlight par excellence. Da waren sie also tatsächlich: Annett Lousian und ein gerade erst aus Salzburg eingeflogener Mark Forster!!! Aber nicht weniger Stimmung verbreiteten die Gastauftritte von Das Bo (der sich dann doch von der Idylle der Mecklenburger Seeplatte hatte lösen können und diese gegen den tobenden Kessel Max-Schmeling-Halle hatte eintauschen wollen, so die Ankündigung von Sänger Johannes) und Greg Holden


Sie machen für uns das Licht an

Was neben den aufwendig und abwechslungsreich auf die Bühne gebrachten musikalischen Wertigkeiten auffiel, war eine vermutlich nicht weniger passende Illumination der Show. Während sich das Bühnenbild durch angenehme Reduziertheit auszeichnete, wurde offensichtlich viel Liebe zum Detail in das Spiel mit dem Licht gesteckt. Wandlungsfähig und stimmungsvoll.

Apropos Spiel, trotz seiner nun mittlerweile "seriösen" 36 Jahre bewies Johannes Strate auf sympathische Weise, dass er das mit der Seriosität doch lieber den anderen überlassen möchte. Das herrlich ungezwungene Geplänkel mit seinen Bandkollegen, Schokoladenzielwerfen und modische Analysen — Schließlich kann nicht jeder ein Gewand, das nicht spannt tragen. Jakob kann.  — sorgten einfach für gute Laune. Und spätestens als die Frage "Hallo, hallo, bist du auch so gelangweilt, genervt und gestresst von der Enge der Stadt?" durch die Halle schallte und ein Chor aus Zuschauern enthusiastisch mit "Hinter Hamburg, Berlin oder Köln hört der Regen auf, Straßen zu füllen" einstimmte, hatten die Jungs wohl die große Mehrheit der Fans absolut um den Finger gewickelt.

Das geht raus an alle Spinner

Neben Charisma und Witz überzeugt Revolverheld nach wie vor ebenfalls insbesondere als Botschafter der zwischenmenschlichen Nuancen. So auch dieses Mal. Sie plädieren dafür, viel öfter bewusst im Hier und Jetzt zu verweilen! 

Mit diesem Unplugged Konzert haben sie es (für mich) sehr einfach gemacht, ebenjener Empfehlung mit Freude zu folgen! Und auch wenn ich sonst manchmal vielleicht nicht weiß, was ich will oder mich ungern festlege, an diesem Abend steht fest: "Lass uns [mit Revolverheld] gehen, lass uns gehen, lass uns gehen!" Denn obgleich sich die Band vollkommen beabsichtigt selbst gewissermaßen den Stecker zieht, heißt das nicht, dass die musikalisch mitreißenden Trümpfe auf Sparlampe leuchten. Im Gegenteil!



Dienstag, 15. März 2016

[Buchpost] Feuriges Trio à la "Drama, Baby!"

Dank des Dreigestirns an neuer Lektüre, das mich in jüngster Vergangenheit erreicht hat, schaue ich einem abwechslungsreichen Lesevergnügen entgegen. 

Mit Willkommen in der Bürohölle!,  das von Heike Abidi und Anja Koeseling herausgegeben worden ist, werden mit Sicherheit erneut aus dem Leben gegriffene Anekdoten serviert, die amüsant bis abstrus anmuten. Ally Taylors Dreisam, nun auch von Knaur publiziert, macht hingegen durch knisternd-brisante Herzensangelegenheiten auf sich aufmerksam. Und bei Die Nacht brennt von Sarah Butler handelt es sich um einen Roman für junge Erwachsene, der die Thematik der Trauerbewältigung in ein ganz eigenes Licht rückt.

Ihr seht, ein fulminantes Trio zwischen Höllenfeuer und brennender Sehnsucht, das es durchaus in sich hat. Lasset die Lesefestspiele beginnen und "make it count"!


Dienstag, 8. März 2016

[Rezension] Mein bester letzter Sommer (Anne Freytag)

Anne Freytag: Mein bester letzter Sommer 

Ohne den geringsten Zweifel hat dieses Buch, lange vor seiner Veröffentlichung, zu den Romanen gehört, die ich lesen MUSSTE. Weshalb? Weil ich in ganzer Größe bekennender Anne-Feytag-Fan bin. Sie ist eine der Schriftstellerinnen, deren Wortzaubereien mich immer wieder aufs Neue zum Staunen bringen. Außerdem liebe ich diese Art von Geschichten, in denen  Glückseligkeit und Tragik unmittelbar miteinander verflochten sind. Mein bester letzter Sommer klingt also wie für mich gemacht, oder?

Liebe Anne, liebes Heyne fliegt Team, danke schön dafür, dass ich vor dem offiziellen Startschuss bereits mit #teskar einen besten letzten Sommer (mitten im Februar) auskosten durfte. Mein Herz sprang vor Freude, schlug höher, brach.

P.S.: Das Cover ist ein echter Hit. Eine Klass für sich!

Cover: Heyne fliegt


~ Rezension ~

Herzschlagmomente im Hier und Jetzt und für die Ewigkeit

Die siebzehnjährige Tessa weiß eines mit Sicherheit: Ihre Zeit ist begrenzt. Sehr begrenzt. Die Ärzte haben alles getan, was sie konnten. Tessa hat sich schweren Herzens Ha! Wie makaber. Wie kann ihr Herz trotz seines unheilbaren Lochs schwerer sein als das vieler anderer Menschen?— damit abgefunden. Damit, dass sie nie studieren, sich nie verlieben oder nie die Welt bereisen wird. Aber dann stolpert rein zufällig Oskar in ihr Leben und stellt dieses noch einmal gehörig auf den Kopf. Na klar, das Timing könnte weiß Gott besser sein und Tessa hat immense Angst davor, dass ihre Krankheit nun auch noch Oskars Herz brechen wird. Doch er kann sie davon überzeugen, noch eine (gemeinsame) beste letzte Zeit erleben zu wollen...

Mein bester letzter Sommer von Anne Freytag ist eine Premiere. Denn es ist das erste Jugendbuch der fulminant mit Worten und Emotionen jonglierenden Autorin. Obgleich die Grundidee hinter der Geschichte keinesfalls neu ist, ist es das feinfühlig und auf gewisse Weise unerschrocken geschnürte Gesamtpaket, das Herzen wie Gelato zum Schmelzen bringt.

Es ist zweifellos gewagt, ein Buch zu schreiben, dessen Ende dem Leser bereits mit dem Blick auf den Titel seinen (höchstwahrscheinlichen) Ausgang verrät. Doch in Anne Freytags Fall ist die Reise hin zum letzen Kapitel das Ziel. Die schüchterne Tessa und der verständnisvolle Oskar werden für einen (letzten) Sommer zum zu allem entschlossenen Team Teskar. In einem gelben Volvo brechen sie Richtung Italien auf. Ihr Weg ist geprägt von kleinen Träumen, an allen Nervenenden kitzelnder Neugier und wie Säure brennenden Ängsten. 

Jede Etappe dieses Roadtrips birgt sowohl diese gewisse Ungewissheit als auch eine ungewisse Gewissheit in sich. Denn jeder Tag, nein, jeder Herzschlag könnte der letzte sein. Es gelingt Anne Freytag auf unnachahmliche Art, ebenjenes packende Gefühl in die einzelnen Kapitel zu legen. Der Spannungsbogen, auf dem die beiden Protagonisten balancieren, kommt wie ein bunter und dennoch vergänglicher Regenbogen, der einen endgültigen Abgrund für einige Zeit vergessen macht, daher.

Die einzelne Charaktere werden mit Nachdruck gezeichnet. Und so ungewöhnlich ihre Geschichte sein mag, sie sind nicht nur das Mädchen und der Junge, die auf unfaire Art viel zu schnell oder eben gar nicht erwachsen werden müssen bzw. dürfen. Tessa und Oskar sind nebenbei auch einfach nur echt — Ecken und Kanten inklusive. 
Was mich allerdings noch ein Stückchen mehr beeindruckt, ist die fulminante Gesamtatmosphäre, welche von der Autorin geschaffen wird. Das Gefühl der Beklemmung, jeder wundervolle Augenblick von und mit Tessa und Oskar könnte tatsächlich der letzte sein, schwingt auf ergreifende Weise stets mit. Der Gedanke Liebes Leben, schenke Teskar bitte noch einen weiteren Tag zusammen kommt unwillkürlich auf und bleibt hängen — trotz des Buchtitels. Denn manchmal geschehen vielleicht doch Wunder und aus einem Sommer könnte noch ein Herbst werden...

Dieser Jugendroman ist eine Hommage an das Leben. Nicht an irgendein Leben, sondern an unseres. Er ist ein weises und wortgewandtes Plädoyer, das Anne Freytag an ihre Leser heranträgt, jeden einzelnen Tag zu einem liebens- und lebenswerten zu machen. Denn dann können wir immer sagen: Ja, liebes Leben, du warst freudevoll. Es war mir ein Vergnügen.

FZIT: Ergreifend. Erfüllt. Endgültig.


Dienstag, 1. März 2016

[Rezension] Finding My Shine (Nastia Liukin)

Nastia Liukin: Finding My Shine 
"When you finally step up to push your fears away and live the journey of your goal without fear, it is the most empowering thing you can imagine. Only then will life bring you the most amazing experiences. I guarantee that you will not want to miss them."

Vollkommen logische, im Grunde recht simple, aber uns häufig dennoch allzu abhanden gekommene Gedankenanstöße wie diese sind es, die Nastia Liukins Buch für mich zu einem inhaltlichen Schmuckstück machen. Die Autorin stößt mit diesem Memoire die Türen zu ihrer eigenen Welt auf. Aber, noch um einiges wertvoller, sie bestärkt jeden einzelnen Leser dazu, Gleiches für sich persönlich zu tun. 


~ Rezension ~

Kein Traum ist zu groß, um dafür zu leben!

Da Nastia Liukin als Kind zweier Weltklassturner geboren wurde, schien ihre Laufbahn klar. Aber ihre Eltern wussten, wie hart und entbehrungsreich ein Leben als Leistungssportler ist. Daher ermunterten sie Nastia immer dazu, einzig ihrer eigenen Passion zu folgen und möglichst viele Dinge auszuprobieren. Doch Nastia hatte ihren eigenen Kopf und ihr Herz schlug tatsächlich nur fürs Kunstturnen. Mit zwei, drei Jahren tobte sie durch die Sporthalle. Mit sechs Jahren nahm Nastia Liukin an ihrem ersten Wettkampf teil. Und zwölf Jahre später erfüllte sie sich ihren Lebenstraum und wurde Olympiasiegerin im Einzelmehrkampf. Allen Schwarzmalern und Selbstzweifeln zum Trotz hatte Nastia  im wahrsten Sinne des Wortes  den Olymp erreicht. Aber jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten und es gibt eine Zeit "danach". Denn eine Karriere als Kunstturner(in) ist für gewöhnlich im späten Teenageralter schon wieder Geschichte. Wohin Nastias Weg sie nun führen würde, wusste sie eine Zeitlang selbst nicht. Sie hatte ihren Antrieb, ihre Entschlossenheit, ihren Schein verloren. 

In Finding My Shine erzählt die mehrfache Weltmeisterin Nastia Liukin nicht nur von ihrer erfolgreichen Karriere als Leistungssportlerin, die wortwörtlich Knall auf Fall endete. Nein, vielmehr ermutigt die Autorin ihre Leser mit von Herzen kommender Beharrlichkeit, an sich und die eigenen Ziele zu glauben!

Mehr als zwanzig Jahre lang bestimmte das Kunstturnen Nastia Liukins tägliches Leben. Eine Leidenschaft, für welche die Autorin immer wieder über ihre Grenzen hinausging. Für jene Energieleistung wurde sie mit zahlreichen Triumphen belohnt. Dass sie von vielen jedoch einzig als Sportlerin definiert wurde und sie dann, nach einem einschneidenden Wendepunkt, sogar selbst ihre Perspektive verlor, zehrte Nastia Liukin aus. All die Professionalität und das Selbstbewusstsein der wettkampferprobten Athletin hatten sich in Luft aufgelöst. 
Nach dem Ende ihres Profisportlerdaseins musste sie sich völlig neu orientieren. Sie musste sich trauen, aus ihrer Komfortzone auszubrechen. All die Jahre hatte Nastia bewusst auf vieles verzichtet, was eine Kindheit und Teenagerzeit charakterisiert. Sie hatte in ihrer eigenen kleinen, sehr disziplinierten Welt gelebt. Wie schwierig diese Phase ihres Erwachsenwerdens war, schildert die Autorin auf hautnahe und durchaus eingängige Weise.

Das, was ich rundum sympathisch und äußerst bemerkenswert an den geradlinigen Erzählungen Nastia Liukins finde, ist ihre absolut geerdete Art und reflektierende Sichtweise, mit der sie die Kapitel ihres Buches bereichert. Die Liebe zu ihrem Sport im Speziellen, aber vor allem die Entschlossenheit, all die Facetten des Lebens passioniert anzugehen im Allgemeinen, haben mich sofort begeistert. Nicht selten kann ich mich in den Gedanken Nastia Liukins wiederfinden. Immer wieder untermalt sie, wie wenig sich ihre eigenen Zweifel und Ängste, aber auch Hoffnungen und Wünsche von denen ihrer (jungen) Leser unterscheiden. Sie dokumentiert ihr Schaffen und ihr Versagen auf Augenhöhe von jedem anderen. Damit schafft Nastia Liukin eine Verbindung zwischen sich und ihren Fans (und Kritikern), die zum einen absolut authentisch, zum anderen perfekte Motivation ist. Sie ist stolz auf ihre Stärken und steht ungeschminkt zu ihren Schwächen. Und genau zu selbigem ermutigt sie ihre Leser nachdrücklich!

Ob als Sportkommentatorin, Halbfinalistin von Dancing With The Stars oder Initiatorin der eigenen Shine Tour Nastia Liukins Ambition stets aufs Neue mit ganzem Herzen großartige und gelegentlich auch unheimlich einschüchternde Erfahrungen zu sammeln, ist nahezu grenzenlos. Ebenso wie das Bedürfnis, möglichst viele Menschen zu ihrer eigenen persönlichen Erfüllung zu verhelfen. Und es besteht wenig Zweifel, dass Nastia Liukin auch darin glänzen wird.

Ein Memoire, dessen inspirativer Mehrwert strahlt, ohne zu verblenden!

FZIT: Nahbar. Energiegeladen. Wegweisend.




Nastia Liukin bei den Olympischen Spielen 2008


Die entscheidende Wende (2012)


Nastia Liukin & Derek Hough: Rumba (Dancing With The Stars 2015)